Schulterschmerzen

Schulterluxation (Schulter ausgekugelt)

Die Schulter ist das beweglichste Gelenk des Menschen. Die hohe Beweglichkeit macht es zugleich anfällig für das Risiko der Luxation, allgemein verständlich als ‚auskugeln‘ bezeichnet. Das um 360° Grad sich drehende Schultergelenk kann durch ein massives Verreißen in der Bewegung oder einen Sturz ausgekugelt (luxiert) werden. Dabei springt der Oberarmkopf aus der Gelenkpfanne und es kommt zu Verletzungen an den wichtigen Gelenkstabilisatoren. Häufig entsteht daraus eine chronische Instabilität des Schultergelenks. Die Behandlung erfolgt konservativ oder operativ.

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Generell unterscheidet man drei Ursachen für die Entstehung von  Schulterluxationen:

Die Traumatische Form

Durch eine massive Gewalteinwirkung springt der Oberarmkopf meistens nach vorne , seltener nach hinten aus seiner Gelenkpfanne. Dadurch kommt es häufig zu Rissen an der Gelenklippe ( Labrum glenoidale), den Gelenkbändern und besonders bei älteren Personen den stabilisierenden Sehnen. Zusätzlich können Schädigungen an Knorpel, Knochen und Nerven auftreten. Besonders häufig ist die Gelenklippe (Labrum glenoidale) betroffen. Sie hat eine große Bedeutung für die Stabilität des Schultergelenks. Sie verläuft rund um die relativ kleine Gelenkpfanne, vergrößert diese und bildet eine wichtige Kontaktfläche für den Oberarmkopf, der sich praktisch an der Gelenklippe festsaugen kann.

Die atraumatische habituelle Form

Hier liegt meistens nur ein Bagatellunfall oder eine ruckartige Überdehnung, nachts auf der Schulter liegen vor und schon kugelt die Schulter halb oder vollkommen aus. Die Ursache liegt an einer Bandschwäche mit Überbeweglichkeit der Schulter. Dies beginnt meist schon im Jugendalter und die Luxationen wiederholen sich immer wieder was man als habituell bezeichnet.

Die neurologisch multidirektionale Form

Durch neurologische Fehlinnervation der Muskulatur kommt es unbewußt zum Auskugeln der Schulter, da eine Muskelgruppe gewaltsam sich anspannt und die anderen Muskeln simultan erschlaffen. Der Oberarnkopf kann dann je nach Anspannung nach vorne, nach unten oder nach hinten sich auskugeln.

Starke Schmerzen und eine Einschränkung der Schulterbeweglichkeit nach einem Sturz oder einem massiven Verreißen der Schulter deuten auf einen Knochenbruch oder eine ausgekugelte Schulter hin. Die eindeutige Diagnose lässt sich durch die klinische Untersuchung unter Zuhilfenahme einer Röntgenuntersuchung stellen. Im Anschluss an die Diagnose erfolgt die Einrenkung des Schultergelenks. Dazu stehen verschiedene Methoden zur Verfügung. Um den Eingriff möglichst sanft vollziehen zu können, wird er in den meisten Fällen in einer kurzen Narkose durchgeführt. Die Magnetresonanztomografie (MRT) gibt Aufschluss über die Schädigungen am Bewegungsapparat (Gelenklippe, Bänder, Muskeln, Sehnen, Knorpel). Bei Frakturen kann auch eine CT Untersuchung notwendig werden.

Nicht immer ist eine Schulterluxation auf eine massive Gewalteinwirkung zurückzuführen. Manche Patienten haben eine anlagebedingte Schulterinstabilität. Schwaches Bindegewebe und angegriffene Bänder können bereits bei alltäglichen Bewegungen oder minimaler Anstrengung des Schulterapparates eine Luxation verursachen. Diese sogenannte habituelle Schulterluxation‘ muss klar von einer unfallbedingten ‚traumatischen‘ Form der Schulterluxation abgegrenzt werden. Die beiden Formen müssen auf unterschiedliche Art und Weise behandelt werden.

Bei jüngeren Patienten wird oftmals die operative Therapie vorgezogen, wenn bei der unfallbedingten Luxation der Schulter wichtige Stabilisatoren verletzt wurden. Die Operation wird minimal-invasiv besonders risikoarm und patientenschonend durchgeführt. Ohne Operation führt die Luxation bei jüngeren Patienten in mehr als 85% der Fälle zu einer chronischen Instabilität. Bereits alltägliche Bewegungen können zu einem erneuten Auskugeln des Schultergelenks führen. Bei älteren Patienten besteht ein deutlich geringeres Risiko für das Auftreten einer chronischen Instabilität der Schulter nach einer unfallbedingten Luxation. Daher wird bei dieser Patientengruppe nur zu einer Operation geraten, wenn es zu Rissen an der Rotatorenmanschette gekommen ist.

Für Patienten mit habitueller Schulterluxation bietet sich die konservative Therapie an. Das Auskugeln des Schultergelenks ist hier auf eine anlagebedingte Kapsel-Bandschwäche zurückzuführen, die oftmals in Kombination mit einer schwachen Schultermuskulatur auftritt. Die konservative Therapie umfasst nach dem Einrenken der Schulter zunächst eine Ruhigstellung mit einer Bandage oder einem Abduktionskissen für einen Zeitraum von drei Wochen. So können die überdehnten Strukturen abheilen. Im Anschluss beginnen physiotherapeutische Maßnahmen zur Kräftigung der Muskulatur und Koordinationsschulung. Erst wenn konservative Maßnahmen nicht oder nicht ausreichend greifen, wird eine operative Therapie in Erwägung gezogen. Liegt eine neurologische Störung mit multidirektionaler Instabilität vor verbietet sich ein operativer Eingriff. Diese dritte Gruppe gehört in die spezielle physiotherapeutische Behandlung bei der die fehlerhaften Muskelinnervationen durch feed back Techniken mit Strombehandlung umgeschult werden. Heute kommen auch spezielle elektrische Muskelstimulatoren zum Einsatz.

Die operative Therapie der Schulterluxation wird in der Regel in einem minimal-invasiven, d.h. arthroskopischen Verfahren durchgeführt. Dabei erfolgt die Korrektur der geschädigten Strukturen über drei Zugänge, die jeweils über einen nur wenige Millimeter großen Schnitt gelegt werden. Zunächst wird eine Kamerasonde eingeführt, die eine exakte Darstellung der verletzten Strukturen ermöglicht. Erst dann werden Verletzungen mit feinen Spezialinstrumenten refixiert.

Die Operation umfasst die Wiederherstellung der Gelenklippe (Labrum glenoidale) durch Nahttechniken. Spezielle Implantate aus bioresorbierbaren Materialien oder Polyethylen, sogenannte Knochenanker helfen, die Nähten im Knochen zu befestigen und die abgerissene Gelenklippe zu rekonstruieren und an der Gelenkpfanne zu befestigen. Zudem wird der geschädigte Bandapparat gerafft und wiederangenäht. Bei schwerwiegenden Luxationen oder nach wiederholten Auskugelungen treten neben Schäden an der Gelenkpfanne (Bankart Läsion) auch Defekte am Oberarmkopf (Hill-Sachs-Delle) auf. Schädigungen an den knöchernen Strukturen insbesonder am vorderen unteren Pfannenrand (knöcherne Bankart Defekte) können ab einer gewissen Größe nicht dauerhaft durch die Rekonstruktion der verletzten Weichteile kompensiert werden. Je nach Umfang der Knochenschädigungen ist eine Rekonstruktion des knöchernen Pfannenschadens erforderlich.

Das Operationsverfahren nach Latarjet sieht einen Aufbau der knöchernen Pfannen Strukturen mit dem Rabenschnabelfortsatz (Coracoid) vor. Dieses Verfahren ist allerdings nicht arthroskopisch, sondern wird seit 1954 in einer offenen chirurgischen Operation durchgeführt. Das Verfahren erzielt gute Langzeitergebnisse hinsichtlich einer Verhinderung einer erneuten Schulterluxation und des Auftretens einer Arthrose.

Noch schwerere Pfannendefekte, insbesonders bei hinteren knöchernen Pfannenverletzungen werden mit der J Span Technik nach Resch versorgt. Hierzu ist aber die Entnahme eines Knochenspans aus dem Beckenkamm unumgänglich. Dabei wird ein keilförmiger Span in den aufgemeisselten Pfannenrand eingeschoben und somit der Pfannenrand angehoben und verbreitert. Dieses Verfahren kann auch in modifizierter Technik arthroskopisch durchgeführt werden.

Nach der minimal-invasiv durchgeführten Korrektur der Schädigungen wird die Schulter zunächst für einen Zeitraum von drei Wochen mit einem Abduktionskissen ruhiggestellt. Zeitgleich finden unter Anleitung erste Mobilitätsübungen statt. Erst sechs Wochen nach der Operation beginnt das eigentliche Kraft Aufbautraining. Physiotherapeutische Übungen dienen der Kräftigung der Schultermuskulatur und Koordinationsschulung. Risikoarme Sportarten wie Jogging können in Absprache begleitend wieder aufgenommen werden. Sportarten mit Sturzgefahr und Kontaktsportarten können nach etwa 6 Monaten ausgeübt werden.